BVL-Themenkreis Logistikimmobilien diskutierte bei Schaeffler in Kitzingen mit einem Experten von Goodman die größten Herausforderungen.
(Kitzingen/München, 28.3.2019). Ein breiter Entladetunnel, eine leistungsfähige Sprinkleranlage, eine angemessene Umfahrung für Lkw: Das sind nur drei von einer Vielzahl an Details, die Nutzer von Logistikimmobilien aus dem Automotive-Bereich beachten müssen, wenn sie Hallen mieten oder errichten lassen. So lautete eine der Kernaussagen von Markus Meyer, Experte für Logistikimmobilien beim Entwickler Goodman, auf dem Jahresauftakttreffen des Themenkreises Logistikimmobilien der Bundesvereinigung Logistik (BVL) im Europäischen Distributionszentrum von Schaeffler in Kitzingen.
Angemessene Entladetunnel Meyer, der bei Goodman für den Bereich Norddeutschland zuständig ist, kennt aus seiner Erfahrung eine Reihe von Fallen, die Zulieferer und deren Kunden aus der Autoindustrie vermeiden sollten. Zum großen Ärgernis für Lkw- und Stapler-Fahrer kann beispielsweise ein Entladetunnel werden, wenn dieser schmaler als 18 Meter gebaut wird. „Schon 15 Meter führen zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Anlieferung“, so Meyer. Bei den in der Regel eingehausten Tunneln sollten Nutzer darauf achten, dass an Öffnungen auf dem Dach für Tageslicht gedacht wird. Ansonsten müsse man die Tunnel permanent beleuchten, was selbst mit der heute verfügbaren LED-Technologie ineffizient und nicht nachhaltig sei, betonte Meyer.
Leistungsfähige Sprinkleranlagen Auch beim Thema Brandschutz und Sprinkleranlagen sollten Nutzer und Entwickler von neuen Logistikanlagen Besonderheiten der Automotive-Industrie im Hinterkopf behalten. Werden beispielsweise unverpackte, geschäumte Teile gelagert, muss die Sprinkleranlage im Fall eines Brandes besonders leistungsfähig sein. Deshalb müssen laut Meyer in solchen Hallen große Sprinklerköpfe und sehr leistungsfähige Anlagen mit einem hohen Druck von bis zu 5,2 bar installiert werden. Noch komplizierter wird die Lage, wenn Airbags, Blei-Batterien oder Lithium-Ionen-Energiespeicher gelagert werden. In solchen Fällen ist es Meyer zufolge oft eine Option, in der Logistikimmobilie einen separaten Teil für Gefahrgut vorzusehen und entsprechend abzutrennen.
Strenge Brandschutzgesetze Was Laien in der Regel nicht wissen: Auch große Vordächer, die beispielsweise über dem Bereich der Leergutannahme und -ablieferung gebaut werden, müssen aus Gründen des Brandschutzes mit Sprinkleranlagen ausgestattet werden. Apropos Brandschutz: Damit die Pläne für entsprechende Immobilien genehmigt werden, sollten Unternehmen darauf achten, dass die Regelung, wonach einzelne Brandabschnitte nicht größer als 10.000 Quadratmeter sein dürfen, penibel beachtet wird. Wer beispielsweise an eine Halle mit der Fläche 100 mal 100 Meter zusätzlich einen Tunnel anbaut, muss diesen dann zwingend mit einer Brandwand trennen und eine Brandschutzvorrichtung integrieren, weil die Obergrenze von 10.000 Quadratmetern überschritten wird. Eine Besonderheit bei Logistikanlagen sind auch Umfahrungsstraßen für Lkw. Laut Meyer sollten die Kurven nicht zu eng geplant werden. Auch an Lang-Lkw solle gedacht werden, wobei deren Kurvenfahrt nicht viel anders sei als die von herkömmlichen Lastzügen.
Distributionszentrum von Schaeffler besichtigt Neben dem Vortrag von Markus Meyer stand ein Bericht über die Vermarktung des StarParks in Halle (Saale) von Jan Hüttner, Geschäftsführer der Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft Halle-Saalekreis mbH, sowie eine Besichtigung des Europäischen Distributionszentrums (EDZ) des Zulieferers Schaeffler in Kitzingen auf der Agenda des BVL-Themenkreises. Aus der 2018 nahe der fränkischen Stadt Kitzingen eröffneten Logistikimmobilie werden Artikel des Zulieferers an Industriekunden in Europa, aber auch in Länder wie China, USA oder Korea verschickt. Das neue Distributionszentrum wurde auf einem zwölf Hektar großen Gelände errichtet und besteht aus zwei großen Hallen, in einer davon wird auf zwei Ebenen gearbeitet. Die Artikel werden entweder auf Paletten im 37 Meter hohen Hochregallager (HRL) in sieben Gassen mit 28.000 Stellplätzen für Europaletten oder in einem automatisches Kleinteilelager (AKL) in zwölf Gassen auf zwei Ebenen für 98.000 Behälter gelagert. Die Intralogistik wurde von der Firma SSI Schaefer geliefert.
Bis zu 300 Tonnen Umschlag Über die Fördertechnik inklusive einer Elektrobodenbahn (EBB) mit insgesamt 50 Wagen werden die auf Paletten oder in Kleinladungsträgern (KLT) gelagerten Artikel zu den jeweiligen Pick&Pack-Plätzen transportiert. Der Großteil der Kunden in Europa wird innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Auftragseingang mit den gewünschten Teilen beliefert. Damit täglich bis zu 300 Tonnen umgeschlagen werden können, arbeiten am Standort 186 Mitarbeiter in zwei Schichten, berichtete Stephan Hertlein, Leiter der Instandhaltung am Standort Kitzingen.
Breites Lichtband Aus Sicht der Experten aus dem BVL-Themenkreis Logistikimmobilien gibt es in dem von der Schaeffler Gruppe finanzierten und selbst genutzten Gebäude (built-to-suite distribution center) gleich mehrere Besonderheiten. - Zum einen ist das automatische Kleinteilelager nicht in der eher üblichen Silobauweise errichtet worden. - Im Gegensatz zu anderen Anlagen ließ der fränkische Zulieferer im unteren Geschoss ein breites Lichtband einbauen. Vorteil: Dadurch strahlt viel Tageslicht in den Wareneingang und -ausgang. - Im Bereich des Wareneingangs fällt zudem ein Mezzanine-Geschoss mit einigen Metern Breite ins Auge: Dort befinden sich Funktions- und Sozialräume für Mitarbeiter.
Terminhinweis Das nächste Treffen des BVL-Themenkreises Logistikimmobilien mit dem Schwerpunkt Automotive findet am 16. Mai 2019 statt. Auf dem Programm steht unter anderem eine Besichtigung des Distributionszentrum beim Logistikdienstleisters DSV in Heilbronn. Kuno Neumeier, Sprecher des BVL Themenkreises Logistikimmobilien und Geschäftsführer der Logivest GmbH, weist darauf hin, dass noch Plätze in dem 2018 gegründeten Kreis frei sind. „Der Themenkreis Logistikimmobilien ist eine hervorragende Wissensdrehscheibe für alle, die sich über die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich austauschen wollen. Er ist zudem Türöffner für Besichtigungen von innovativen Logistikanlagen, in die man als Einzelperson oft keinen Zutritt bekommt.“ Anmeldung unter: huster@bvl.de (Sebastian Huster)