#245: Der Logistik Startups Hype Cycle in Deutschland
Die Logistik Startup Szene hat turbulente 10 Jahre hinter sich. Prof. Martin Schwemmer beschreibt diese Entwicklung als einen "Hype Cycle". Im Gespräch mit unserem Host Boris Felgendreher erklärt er die Hintergründe für die Entwicklung der Logistik Startup Szene in Deutschland und gibt einen Ausblick für die Zukunft.
Unter anderem geht es um folgende Themen:
Rückblick auf 10 Jahre Logistik-Startups:
- 2014: Deutlicher Anstieg an Neugründungen (>30), z. B. ProGlove, Flaschenpost, Magazino.
- 2016–2017: Boomphase mit vielen Gründungen (u. a. Sennder, Forto/FreightHub).
- 2020–2021: Höhepunkt mit Einhorn-Startups (Sennder, Forto), stark durch Corona beeinflusst.
- Ab 2022: Deutlicher Rückgang – Insolvenzen (z. B. Convoy), Entlassungswellen, weniger Investments.
- 2024/2025: Tal der Enttäuschung im Hype-Cycle erreicht – aber gleichzeitig Konsolidierung und Reifung.
Learnings & Reife der Branche:
- Frühere Annahmen (z. B. schnelle Skalierung durch Digitalisierung) waren oft falsch.
- Sales-Zyklen in der Logistik sind lang (6–18 Monate) → langsames Wachstum.
- Plattformmodelle (z. B. Matching von Truckern und Aufträgen) sind komplexer als gedacht.
Finanzierungsbedingungen heute:
- Mehr Professionalität: Investoren fordern frühere Rentabilität.
- Bootstrapping gewinnt leicht an Relevanz, aber dominiert nicht.
USA vs. Deutschland:
- US-Startups skalieren schneller durch größeren Binnenmarkt und aggressivere Hustle-Kultur.
- Deutschland: kleinerer Markt, fragmentiertes Europa, andere rechtliche Rahmenbedingungen.
- Erfolgreiche US-Modelle (z. B. Uber Freight) nicht 1:1 übertragbar → oft Übernahme durch deutsche Startups (z. B. Sennder übernimmt Tech von Uber Freight).
Rolle neuer Technologien:
- KI und Robotics noch keine "kambrische Explosion" – viel Potenzial, aber noch keine breite Umsetzung.
- Aktuell eher Repackaging alter Ideen als echte Innovation.
- Erwartung: In den kommenden Jahren bessere, tragfähigere Anwendungen.
Zukunftstreiber & angrenzende Bereiche:
- Militärtechnologie als Katalysator (z. B. Drohnen, autonome Fahrzeuge, IoT, humanoide Roboter).
- Entwicklungen im Militärbereich werden mittelfristig auch die Logistik stark beeinflussen.
Fazit & Ausblick:
- Trotz "Tal der Enttäuschung" ist das Zukunftspotenzial hoch.
- Die Szene ist heute professioneller, realistischer und widerstandsfähiger.
- Neue Technologien (KI, Blockchain, Robotics) werden weitere Zyklen auslösen.
- Nicht vom Hype oder Anti-Hype leiten lassen – sondern informiert entscheiden.
Hilfreiche Links:
Martin Schwemmer ist Professor für Internationale Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn. 2021 promovierte er zum Erfolg von Start-Ups in der Logistik. Neben Start- Ups und Innovationen liegt sein Blick auf den Herausforderungen und Trends des Supply Chain Management. Vor der Professur war er 2022/2023 Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik e.V. und davor über zehn Jahre bei der Fraunhofer Forschungsgesellschaft als Wissenschaftler und Consultant in der Logistikmarktbeobachtung und Logistikmarktvermessung aktiv, u.a. als Autor der Studienreihe „Die Top 100 der Logistik“, die sich zum Standardwerk zur Beschreibung und Analyse der Logistikbranche entwickelt hat.