Studie deckt tatsächlichen Fahrermangel auf und ermittelt konkrete Zahlen
Konsortialstudie analysiert Ursachen und Auswirkungen des Fahrermangels und wie man Kapazitätsengpässen im Straßengüterverkehr spezifisch begegnen kann
Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick:
Durch den Mangel an Fahrpersonal entstanden im Jahr 2022 zusätzliche Kosten für die deutsche Wirtschaft in Höhe von ca. 10 Mrd. €.
Im Jahr 2023 fehlen voraussichtlich mehr als 70.000 Lkw-Fahrerinnen bzw. -Fahrer.
Dafür sind über 40 verschiedene Ursachen direkt und indirekt verantwortlich.
Die Studie beschreibt und bewertet 19 praktikable, potenzialreiche und perspektivische Maßnahmen für alle Akteursgruppen zur Begegnung des Fahrerpersonalmangels.
Neben Maßnahmen zur Gewinnung von neuem Personal und zur Verbesserung des Berufsbilds/Images sind auch digitale Lösungen zur Prozessoptimierung vorhandener Kapazitäten unumgänglich.
Eine aktuelle Umfrage zeigt: LKW-Fahrerinnen und -Fahrer sind grundsätzlich mit der Berufswahl zufrieden, jedoch besteht konkreter Verbesserungsbedarf der Rahmenbedingungen.
Kapazitäten in der Transportlogistik sind knapp und stark gefragt. Der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal ist seit vielen Jahren eine der größten Herausforderungen im Straßengüterverkehr. Im Februar 2022 wurde deshalb die Konsortialstudie zur „Begegnung von Kapazitätsengpässen in der Logistik mit Schwerpunkt Fahrpersonal“ unter der Leitung der Professoren Wolfgang Stölzle von der Logistics Advisory Experts (Spin-off der Universität St. Gallen), Thorsten Schmidt von der Technischen Universität Dresden und Christian Kille vom Institut für Angewandte Logistik der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) initiiert. Die hohe Bedeutung der Thematik wird auch durch die Zusammensetzung des Konsortiums unterstrichen: 16 Unternehmen, 5 Verbände und ein Betreiber einer digitalen Matching-Plattform für Arbeitgeber und gewerbliche Fachkräfte. Nun liegen die Ergebnisse im Detail vor.
Geschätzte 10 Mrd. € Mehrkosten für die deutsche Wirtschaft durch fehlendes Fahrpersonal in 2022
Vorab: Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Fahrerkrise sind immens! 32 identifizierte Wirkungen des Fahrermangels induzierten für den Wirtschaftsbereich Logistik eine Kostensteigerung in Höhe von schätzungsweise 3 Prozent im Jahr 2022. Allein dies führte im vergangenen Jahr zu einer Mehrbelastung für die deutsche Wirtschaft von rund 10 Mrd. €. Dies zeigen die Ergebnisse eines speziell entwickelten Modells.
70.000 Fahrerinnen und Fahrer fehlen 2023
Ein eigens für die Studie entwickeltes Modell quantifiziert nicht nur den Mangel an Fahrpersonal auf Basis aktueller Statistiken, sondern ermöglicht auch eine Prognose der Entwicklung des Fahrpersonalmangels. So wurde aus den vorliegenden Daten berechnet, dass aktuell mehr als 70.000 Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer fehlen. 2022 waren es ca. 53.000. Der Fahrermangel wird jährlich um rund 20.000 Fahrer zunehmen. Relativ gesehen ist dieser Mangel größer als in der Pflege oder der Erziehung.
Über 40 Ursachen für den Fahrerpersonalmangel ermittelt
Die breit abgestützte Analyse brachte einen umfangreichen Katalog mit 40 verschiedenen Ursachen hervor, die direkt (Einsatz und Gewinnung von Fahrpersonal) oder indirekt (Organisation und Marktentwicklung) für den Mangel an Fahrpersonal verantwortlich gemacht werden können. Besonders treten dabei die Arbeitsbedingungen, das Arbeitsumfeld sowie das Bild des Berufs in der Öffentlichkeit hervor.
19 praktikable, potenzialreiche und perspektivische Maßnahmen können helfen
Im Zuge der Untersuchungen wurden zahlreiche Maßnahmen zur Begegnung des Fahrpersonalmangels analysiert und bewertet. 19 Maßnahmen davon besitzen ein hohes Potenzial und genießen besondere Popularität. Darunter fallen politische Maßnahmen wie der Ausbau der Parkplätze, unternehmerseitige Maßnahmen wie den Einsatz eines speziellen Verantwortlichen für die Belange des Fahrpersonals sowie perspektivische Maßnahmen wie die Ausweitung der Potenziale digitaler Plattformen. Durch gezielt angesetzte Maßnahmen kann vorhandenes Personal gebunden und neues gewonnen werden.
So hilfreich die Maßnahmen auch sind, sie werden kurzfristig keine absolute Linderung bringen. Unternehmensübergreifende Optimierungsverfahren bergen zusammen mit der Steigerung der Transparenz und dem Einsatz digitaler Anwendungen kurzfristig die größten Potenziale, dem Kapazitätsengpass im Straßengüterverkehr zu begegnen. Denn mit vorhandenen digitalen Lösungen lassen sich schon jetzt vorhandene Kapazitäten besser planen, wenn ihr Potenzial entsprechend besser genutzt wird – auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen. Demgegenüber ist vom autonomen Fahren auf mittelfristige Sicht potenziell wenig Entlastung zu erwarten.
Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer sind grundsätzlich mit ihrem Beruf zufrieden
Eine Befragung des Fahrpersonals hat gezeigt: Sobald sich für den Beruf entschieden wurde, besteht überwiegend die Überzeugung, die richtige Wahl getroffen zu haben. Da die meisten Antwortenden ihren Job über Kolleginnen und Kollegen gefunden haben, zahlen auch hier gezielte Maßnahmen zur Verbesserung des Berufsbilds auf die Personalgewinnung sowie die Zufriedenheit der Fahrerinnen und Fahrer ein.