Statement zur Entscheidung des EU-Parlaments am 14. November über CO2-Grenzwerte für Lkw
von Robert Blackburn, Vorsitzender des Vorstands der Bundesvereinigung Logistik (BVL)
Es kann sinnvoll sein, die Innovationskraft einer Industriebranche herauszufordern, aber der Beschluss des Europäischen Parlaments zu strengeren CO2-Grenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge geht über das Machbare hinaus - aufgrund langer Entwicklungszyklen bei schweren Lkw und der mangelnden Marktreife alternativer Antriebe.
Generell gilt: Kein Antrieb ist ohne Alternativen und die schlaueste, effektivste und umweltschonendste Kombination bewährter und neuer Technologien hilft bei der Senkung von Emissionen. Daran werden deutsche Ingenieure auch in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich arbeiten. Wir alle sollten das begrüßen und nicht anstreben, eine Industrie, auf der unser Wohlstand beruht, aus unserem Land zu vertreiben.
Fortschritt lässt sich nur bedingt mit Gesetzen vorantreiben, Halbwissen und Falschmeldungen oder gar der Wunsch, langfristig unsere Individualmobilität abzuschaffen, dürfen nicht das Handeln von Politikern bestimmen. Unstrittig ist, dass Mobilität mit Pkw, Bahn, Schiff oder Flugzeug fast immer Emissionen verursacht. Auch Gütertransport belastet Luft und Klima, ist aber nicht der Hauptverursacher.
Kohlendioxid (CO2)-Emissionen werden zu 95 Prozent durch Verbrennungsprozesse verursacht. Zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes wäre ein Maßnahmenpaket zielführend, das nicht nur die Nutzfahrzeughersteller in die Pflicht nimmt, sondern die Last verursachungsgerecht verteilt, orientiert an den Hauptquellen wie bspw. den Emissionen aus der Energiewirtschaft, veralteten Heizungen, fehlender Wärmedämmung von Wohnhäusern sowie Grills und Kleinfeuern. Der Verkehrssektor ist „nur“ für rund 18 Prozent der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Diese sind gegenüber dem internationalen Referenzjahr 1990 um rund 30 Prozent gesunken. Ohne die steigenden Fahrleistungen und die Hochkonjunktur in der Industrieproduktion wäre die Absenkung noch höher.
Dieselfahrzeuge sind ein unverzichtbarer Baustein bei der Umsetzung der europäischen Klimaschutzziele. Durch höhere Verbrennungstemperaturen haben Dieselmotoren einen um etwa 15 Prozentpunkte höheren Wirkungsgrad als Ottomotoren. Außerdem spielt die im Kraftstoff enthaltene Energiemenge eine entscheidende Rolle. In einem Liter Dieselkraftstoff stecken ca. 10 Prozent mehr Energie als in einem Liter Ottokraftstoff.
Das ergibt zusammen rund 30 Prozent Vorteil (in Liter pro 100 km) für den Diesel. Allerdings entstehen aus einem Liter verbranntem Dieselkraftstoff rund 13 Prozent mehr CO2-Emissionen als bei der Verbrennung eines Liters Ottokraftstoffs. In Summe aus Wirkungsgrad, Energiegehalt und Kohlenstoffgehalt im Kraftstoff ergibt sich aber immer noch ein CO2-Vorteil für Dieselmotoren von ca. 20 Prozent.
Innovationen bei Fahrzeugantrieben brauchen ein entsprechendes Umfeld, eine geeignete Infrastruktur – und hier sind mutige Weichenstellungen aus der Politik notwendig. Auf absehbare Zeit wird der Einsatz von Flüssiggasantrieben am dünnen Netz von Gastankstellen in Deutschland scheitern. Unser Stromnetz ist weit davon entfernt, Zusatzbelastungen durch umfangreiche Lademengen für e-Mobilität zu verkraften.
Das Elektroauto kann ohnehin nur ein Teil der Lösung sein, und es ist nicht so perfekt, wie es öffentlich dargestellt wird. Die Technologie hat deutliche Schwächen: die Batterieproduktion, die mangelnde Kapazität, das Laden, der hohe Verbrauch auf langen Strecken, die Herkunft des Stroms, die Lebensdauer von Batterien und deren Entsorgung.
Elektro-Mobilität bietet sich zurzeit nur für Ballungsräume an, sofern der Strom sauber ist. Auch das Klima spielt eine Rolle: E-Mobilität in Kalifornien mag sinnvoll sein, im europäischen Winter passt sie eher nicht. Die Energiedichte des Diesels im Tank bleibt Benchmark, so sehen es auch die Kunden. Der Markt ist der zuverlässigste Indikator.
Trotz großzügiger Kaufanreize werden die Stromer nur zögerlich erworben. Deutsche Autokäufer sind von der Gesamtbilanz des E-Mobils nicht überzeugt. Da hilft auch kein E-Privileg. Weder Kunden noch Industrie, weder Weltmarkt noch Arbeitnehmer wollen Dirigismus durch die Politik. Der Dieselantrieb wird uns noch lange begleiten.
Wir erwarten, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre Positionen zu der geplanten Richtlinie mit Bedacht abstimmen und die anschließenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Rat von gesundem Menschenverstand geleitet werden.