Die letzte Meile ist die längste Meile – die urbane Logistik im Visier
Langstreckenläufer oder -fahrradfahrer kennen das Phänomen – der letzte Streckenabschnitt, dann, wenn das Ziel praktisch schon in Sicht ist, gehört zu den härtesten. In der Logistik ist dieses Phänomen ebenfalls bekannt. Die letzte Meile ist mit großem Aufwand verbunden, der viel Planung und Flexibilität bedeutet. Dies zeigt sich insbesondere dort, wo die Rahmenbedingungen ohnehin kritisch sind: Ist ein parkender Lieferwagen oder LKW auf einer mäßig befahrenen, breiten Straße gut zu umfahren und bestenfalls ein kleines Ärgernis, sieht dies in einer auf beiden Seiten zugeparkten Einbahnstraße in einer Großstadt ganz anders aus.
Die Komplexität nimmt zu
Urbane Logistik hat sich zu einem Brennpunkt-Thema entwickelt. Hier kristallisieren sich viele Problematiken der zunehmenden Urbanisierung, von Immobilienpreisen über steigende Verkehrsbelastung bis hin zu Diesel-Fahrverboten. Spätestens mit dem rasanten Zuwachs an Paketauslieferungen auf Grund des anhaltenden eCommerce-Booms und den damit verbundenen Anforderungen an die Dienstleister rückte vor allem die KEP-Logistik ins Blickfeld der allgemeinen Öffentlichkeit. Mit dem kommenden Jahresendgeschäft – KEP-Dienstleister erwarten rund 330 Millionen B2C Sendungen in der Weihnachtszeit – verschärft sich die Situation erneut und macht deutlich, dass zügig neue Lösungen gefunden werden müssen. Dabei ist die Paketauslieferung nur ein Beispiel für urbane Logistik. Auch andere Bereiche, wie die Anlieferung des Einzelhandels oder der Personenverkehr benötigen dringend innovative Konzepte.
Keine Einheitslösung möglich – Fakten statt Meinungen
Das Problem der urbanen Logistik ist nicht einfach und schon gar nicht pauschal lösbar. Es braucht eine breite Palette an Lösungen, die auf die sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den deutschen Städten anwendbar ist. Deswegen müssen die Diskussionen holistisch geführt und Konzepte von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft gemeinsam erarbeitet werden. Sinnvolle Regulierungen und enge Kooperationen zwischen Wettbewerbern sind dabei unabdingbar. Die Konzeption muss zudem faktenbasierend und ideologiefrei stattfinden.
So gerät die (urbane) Logistik im Zuge der Diskussion um die Schadstoffgrenzwerte in Städten immer wieder in die Kritik, obwohl ein Großteil der Schadstoffe in den Städten von Privatfahrzeugen und der Industrie stammt. Einfahrverbote werden nachweislich wenig Abhilfe schaffen, es braucht nachhaltig durchdacht geplante und umgesetzte Konzepte, keine politisch motivierten Schnellschüsse, die auf kurzfristige Beeinflussung der öffentlichen Meinung abzielen.
BVL in der Konzeption ganz vorne dabei
Die Bundesvereinigung Logistik misst der urbanen Logistik schon seit vielen Jahren eine große Bedeutung bei. Unter anderem gründete sie im März 2017 den Themenkreis Urbane Logistik, um die fachlichen Kontakte zwischen den wichtigen Stakeholdern aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung, aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und anderen relevanten Akteuren wie Verbänden, Rettungsdiensten und Entsorgern zu fördern. Im Rahmen dieses Auftrages trifft sich der Themenkreis Urbane Logistik regelmäßig, um realisierbare Konzepte zu erarbeiten. Dazu zählt auch eine aktuelle Studie der BVL in Kooperation mit Roland Berger, die vier Szenarien für die urbane Logistik im Jahr 2030 entwirft.
Weitere Informationen zu Projekten und anderen wichtigen Aspekten der urbanen Logistik, darunter auch das aktuelle Dossier zum Thema, können den Links und Downloads im Anhang dieses Artikels entnommen werden.