Geschäftserwartungen weiter düster – Geschäftslage bleibt aber stabil
Kommentar zum Logistik-Indikator für das 4. Quartal 2022 von Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL
Die schlechte Nachricht lautet: Die aktuelle Geschäftslage des Wirtschaftsbereichs Logistik liegt im 4. Quartal auf dem schlechtesten Wert des Jahres 2022. Die guten Nachrichten lauten: Die Geschäftslage liegt nahe dem Normalniveau auf ähnlichem Level wie in Monaten zuvor und nahe dem langjährigen Mittelwert. Über 4.000 Antwortende aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung schätzen die aktuelle Lage deutlich positiver ein, als es die Auguren je vorhergesagt haben.
Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate bleiben mit 20 Punkten Abstand zum Normalwert aber durchweg schlecht. Es ist übrigens der niedrigste Wert seit 2008. Folglich bleibt das Geschäftsklima weit unter seinen Möglichkeiten. Es war lediglich zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 noch schlechter.
Trotzdem sind erste positive Ansätze bei Industrie und Handel zu erkennen. Die Geschäftserwartungen haben bei den Verladern und den Logistikdienstleistern im November leicht angezogen, obwohl die Auftragsbestände und die Nachfrageerwartungen sich weiter verschlechtert haben. Die Lagerbestände in Industrie und Handel erreichen einen „normalen“ Indikatorwert, den besten seit Beginn der Corona-Pandemie. Vielfach scheinen Liefer-Engpässe überwunden zu sein oder die aufgrund der Lieferkettenproblematik umgesetzte höhere Lagerhaltung zeigt Wirkung. Erste Unternehmen empfinden ihre Lagerbestände sogar wieder als zu hoch. Das ist aber einer der Gründe für schlechte Aussichten der Logistikdienstleister: Die Nachholeffekte der vergangenen Monate sind weitgehend abgearbeitet und in vielen Branchen wird eine anhaltende Nachfrageschwäche befürchtet.
Während in Industrie und Handel eine Mehrheit der Unternehmen plant, weitere Preisanpassungen nach oben durchzusetzen, wurde dies bei den Logistikdienstleistern nicht mehr so häufig angepeilt wie noch in den vergangenen Monaten. Dies mag auch daran liegen, dass diese sich deutlich schwerer tun als Industrie und Handel, höhere Preise bei ihren Kunden durchzusetzen. Der Kostendruck aufgrund steigender Energiepreise und Inflation betrifft beide Segmente des Wirtschaftsbereichs gleichermaßen.
Festtagsstimmung ist also im Wirtschaftsbereich Logistik nicht zu beobachten und Erwartungen sind bekanntlich noch keine realen Entwicklungen. Wie dem auch sei: „Hinterm Horizont geht’s weiter“ gab der Panikrocker Udo Lindenberg schon vor vielen Jahren als Devise aus. Und so gesehen ist es gut, dass die pessimistischen Einschätzungen der vergangenen Quartale durch die aktuelle Geschäftslage bisher nicht bestätigt werden. Für die geschäftliche Jahresendrallye gilt also wieder einmal „durchhalten und weitermachen“. Das wird wohl auch im neuen Jahr so sein.