Kommentar zum Logistik-Indikator für das 2. Quartal 2018 von Robert Blackburn, Vorsitzender des Vorstands der BVL
Die gute Nachricht lautet: Die Geschäftslage ist besser denn je. 4.000 befragte Entscheider aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung beurteilen die aktuelle Lage zum zweiten Mal in Folge besser, als sie im ersten Quartal 2007 war – dem langjährigen Rekordhalter.
Die schlechte Nachricht lautet: Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate liegen weit entfernt von guten Werten die 2007, 2011 und 2014 erreicht wurden. Folglich liegt das Gesamtklima leicht unter den historischen Rekordwerten.
Die Stimmung in der deutschen Logistikwirtschaft hat also einen Dämpfer bekommen. Das verwundert nicht, denn der heiße Sommer 2018 wird nicht nur durch das Wetter bestimmt. Der Streit in der Regierungskoalition nährt Zweifel an deren Stabilität, die Uneinigkeit in Europa resultiert aus nationalen Eigeninteressen und zunehmendem Protektionismus. Der Zollstreit mit den Vereinigten Staaten, der nahende und augenscheinlich chaotisch organisierte EU-Austritt Großbritanniens sowie weltweit zunehmende Handelshürden senden weitere fatale Signale - und bescheren der deutschen Industrie eine Auftragsflaute. Die Bestellungen schrumpften zuletzt vier Monate in Folge.
Die Logistikindikator-Historie lehrt außerdem: Wenn die Spreizung zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartungen maximale Werte erreichte, folgte eine deutliche Abkühlung der Wirtschaft. Die Frage ist nur, wird es dieses Mal ein Ende des Aufschwungs geben oder nur eine Normalisierung nach dem Boom? Unser Partner, das ifo Institut, hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum 2018 in Deutschland von 2,6 auf 1,8 Prozent gesenkt, die Bundesbank von 2,5 auf 2,0 Prozent. Das erscheint drastisch, ist im längerfristigen Vergleich aber immer noch ein sehr passables Zahlenspektrum.
So gibt es Signale der Hoffnung: Seit Mai legen die Auftragseingänge – ebenfalls laut ifo Institut – schon wieder zu. Eine wichtige Stütze der Wirtschaft in Deutschland bleibt der private Konsum. Er steigt im Zuge steigender Löhne, diese sind eine Folge des Arbeitskräftemangels. Industrie, Handel und Logistik-Dienstleister planen weiterhin, Personal aufzubauen. Positive Jobaussichten stimmen Menschen optimistisch und konsumfreudig.
Diese Signale sollten auch die Unternehmensverantwortlichen aufnehmen. Die Hochkonjunktur wird weiter andauern, sich aber zunächst nicht weiter beschleunigen. Die Geschäftserwartungen sind nicht hoffnungslos, realistisch betrachtet tendieren sie gegen Normal – und zwar auf hohem Niveau. Die Politik ist gefordert, wachsender Unsicherheit in der Wirtschaft entgegen zu wirken – durch die Stabilisierung der Eurozone und die Stärkung des europäischen Zusammenhalts. So kann globalem Wettbewerb erfolgreich begegnet werden. Vertrauen ist die Basis für Investitionen, und die wiederum generieren Wachstum, auch für den Wirtschaftsbereich Logistik in Deutschland.
Freier Welthandel auf Basis gemeinsamer Regeln und Werte hat in den letzten Jahrzehnten zu Wohlstand und Stabilität geführt. Wer seine Wirtschaftspartner versteht und Begegnungen auf Augenhöhe fördert, schafft es, mit global verteilter Wertschöpfung die Stärken von Regionen und Nationen zu erschließen und zu nutzen.
Dazu gehören auch die gegenseitige Weiterbildung sowie der Austausch von Wissen und Erfahrung über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinaus, eine der Kernkompetenzen der weltweit agierenden Bundesvereinigung Logistik (BVL). Den Wert von Menschen, die in der Wertschöpfung tätig sind, sichtbar zu machen, zu achten und zu stärken, ihnen Methoden für Transparenz, Flexibilität und Produktivität zu vermitteln, das betreibt die BVL seit 40 Jahren als ehrenamtliches Netzwerk. Seit 35 Jahren kommen Menschen beim Deutschen Logistik-Kongress zusammen – mittlerweile 3.400 Teilnehmer aus über 40 Nationen – in diesem Jahr vom 17.-19. Oktober. Auch dort wollen wir an der Stärkung der Wirtschaft und am gegenseitigen Vertrauen weiter arbeiten.