Respekt vor der Realität und Mut, aktiv zu gestalten
Kommentar zum Logistik-Indikator für das 3. Quartal 2019 von Robert Blackburn, Vorsitzender des Vorstands der BVL
Der ehrenamtliche BVL-Rechnungsführer steht beim Vortragen des Finanzberichts stets auf – und kommentiert dies augenzwinkernd mit den Worten „aus Respekt vor den Zahlen“. Die Vereinsfinanzen sind zumeist in Ordnung. Doch die Werte des Logistik-Indikators für das dritte Quartal, der vom ifo-Institut in der Augustumfrage aus Antworten von 4.000 Verantwortlichen unseres Wirtschaftsbereichs ermittelt wurde, bieten dieses Mal einen wenig erfreulichen Anblick. Obwohl die Geschäftslage im expansiven Bereich verharrt, rutscht das Geschäftsklima erstmals seit sechs Jahren unter die neutrale 100-er Marke ab. Grund dafür sind die Erwartungen, die in seltener Einigkeit in der Industrie, im Handel und bei den Logistikdienstleistern im kontraktiven Bereich liegen. Der Kurvenverlauf sieht aus wie vor der großen Krise der Jahre 2008/2009 – nur nicht so steil. Diese unbequeme Wahrheit verdient ebenfalls Respekt, den ich Ihnen, liebe Logistik-Kolleg(inn)en, gern erweise. Nun müssen wir uns mit der Realität aktiv auseinandersetzen.
Gemeinsam stehen wir etwas ratlos vor der konjunkturellen Situation. Ratlos, weil aus eigener Kraft scheinbar nur begrenzt gegengesteuert werden kann. Die Handelskonflikte wurden weiter verschärft und die Aussichten auf einen geordneten Brexit nicht verbessert. Worst-Case-Szenarien wahrscheinlich: Ab November drohen US-Importrestriktionen für Fahrzeuge und Fahrzeugteile und schon jetzt sind Absatz und Auftragseingänge in Teilen der Industrie merklich niedriger als vor einem Jahr. Noch setzt sich der Beschäftigungsaufbau fort – wenn auch mit geringerer Dynamik – und der Fachkräftemangel bleibt ein Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung.
Die Politik agiert leider unglücklich: verfrühte Rufe nach Konjunkturprogrammen und andererseits Diskussionen um Vermögenssteuern und Mietendeckel, die Unternehmer und Investoren verunsichert. Die Bautätigkeit – neben dem privaten Konsum eine wichtige Stütze der Binnenkonjunktur – wird durch wahlkampfgetriebene Vorstöße ausgebremst.
Beim Deutschen Logistik-Kongress 2019 in sechs Wochen in Berlin werden wir uns über die Lage der Wirtschaft, die Erwartungen und unseren Umgang damit austauschen. Der Kongress steht unter dem Motto „Mutig machen“. Ich bin sicher, dass wir uns gegenseitig ermutigen werden – mit vielen positiven Daten und Fakten aus dem Wirtschaftsbereich Logistik. Eine Umfrage unter BVL-Mitgliedern hat gerade ergeben: Im Berufsleben umfasst „Mutig machen“ Themen wie Selbstverständnis und Selbstbewusstsein, Risikobereitschaft und Durchsetzungsvermögen, Fehlerkultur und motivierende Führung – auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten. Es bestätigt sich immer wieder, dass Erfolg von Mut abhängig ist. Courage ist eine Mischung aus Selbstvertrauen und Entschlossenheit - ein gutes Mittel gegen Verzagtheit und sich selbst erfüllende Prophezeiungen.
Ich freue mich, Sie vom 23. bis 25. Oktober beim Kongress in Berlin zu sehen.