Offener Brief zu Verbesserungen bei Infrastruktur, urbaner Logistik, Qualifizierung und Planungsverfahren
An die Mitglieder des Deutschen Bundestages
Sehr geehrte/r...,
zunächst möchten wir Ihnen zu Ihrer Wahl in den Deutschen Bundestag sehr herzlich gratulieren. Zugleich erlauben wir uns, Sie vom 34. Deutschen Logistik-Kongress, der heute in Berlin stattfindet, mit besten Wünschen für die Zukunft zu grüßen.
Wir, das sind mehr als 3.200 Unternehmer, Manager, Forscher und Innovatoren aus Industrie, Handel, Logistikdienstleistung und Wissenschaft aus 40 Nationen. Das Motto des Kongresses lautet: „Neues denken – Digitales leben“.
Das „Wir“ umfasst aber auch die Bundesvereinigung Logistik (BVL) insgesamt mit mehr als 11.000 Mitgliedern, Fach- und Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bilden ein Wissens- und Kompetenznetzwerk von Menschen, die für das effiziente und wirksame Miteinander einer global tätigen Wirtschaft eintreten.
Damit Industrie, Handel und Dienstleistung in Deutschland und aus Deutschland heraus wettbewerbsfähig tätig sein können, brauchen wir verlässliche Planungsgrundlagen wie eine exzellente Infrastruktur und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen. Hier gibt es hinreichendes Potenzial und das möchten wir den politisch Handelnden am Beginn einer neuen Legislaturperiode aufzeigen und um Unterstützung bitten.
Logistik wirkt als Querschnittsfunktion in allen Wirtschaftsbereichen: Damit Waren und Services in Industrie und Handel verfügbar sind, müssen Planungen durchgeführt, Einkäufe getätigt und Waren bewegt werden – fehlerfrei, sicher, zuverlässig, just in time. Über drei Millionen Beschäftigte arbeiten in Deutschland in logistischen Fachfunktionen. Sie erwirtschafteten im Jahr 2016 eine Leistung von 258 Milliarden Euro – in sehr unterschiedlichen Berufen.
Logistik ist damit der drittgrößte Wirtschaftsbereich Deutschlands und zugleich ein wichtiger Motor für wirtschaftliches Wachstum und den Arbeitsmarkt. Logistik sichert unseren Wohlstand, ist ergebnisrelevant und trägt unmittelbar zum Erfolg aller Wirtschaftsbereiche bei. Sie ist Treiber des digitalen Wandels und ihr kommt eine hohe Verantwortung zu – gesellschaftlich, volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich.
Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, bedarf es zukunftssicherer Rahmenbedingungen. Fünf politische Handlungsfelder sind aus unserer Sicht von erfolgsentscheidender Bedeutung:
- Verkehrsinfrastruktur mit Brücken, Straßen, Schienen- und Wasserwegen sowie Luftverkehr
- Digitale Infrastruktur samt digitaler Standards und digitaler Sicherheit
- Übergreifende Lösungen für urbane Logistik (Nah- und Lieferverkehre in Städten)
- Schulische, berufliche und akademische Bildung als generationsübergreifende Vorbereitung auf das digitale Morgen
- Beschleunigung von Planungsverfahren und Projektumsetzungen
Wir sind davon überzeugt, dass die vor uns liegenden Herausforderungen von Wirtschaft und Politik nur gemeinsam und über alle Parteigrenzen hinweg gemeistert werden können – damit Digitales in Zukunft auch wirklich gelebt und nicht nur postuliert wird und Deutschland erfolgreich und wettbewerbsfähig bleibt.
Die Bundesvereinigung Logistik richtet gemeinsam mit den unterzeichnenden Partnern aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung folgende Forderungen an die politisch Verantwortlichen in Parlament und künftiger Regierung:
zu 1) Der „Logistikweltmeister“ Deutschland lebt vielerorts von der Substanz.
Stellen Sie die Weichen, damit nachhaltig in die teilweise marode Verkehrsinfrastruktur investiert wird – und zwar gleichermaßen in Erhalt und Ausbau. Der Bundesverkehrswegeplan 2030 wird die dramatischen Engpässe nur in Teilen beseitigen. Legen Sie nach! Auch das Luftverkehrskonzept enthält wichtige Maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung der deutschen Luftverkehrsindustrie. Nehmen Sie die Umsetzung in Angriff!
zu 2) Deutschland ist ein Glasfaser-Entwicklungsland und belegt bei der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen im OECD-Vergleich Platz 28 von 32. Das ist besorgniserregend, zumal der Ausbau zukunftssicherer digitaler Infrastruktur wesentlich für den Erfolg der Logistik sein wird. Ohne eine digitale Infrastruktur, die eines Logistikweltmeisters würdig ist, können Digitalisierungs-Potenziale nicht ausgeschöpft werden.
Setzen Sie die Digitalisierung daher ganz oben auf die politische Agenda und packen Sie den Glasfaser-Ausbau entschlossen an. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, damit die Logistik effizient – und damit ressourcenschonend – arbeiten kann. Ein weithin beachtetes Signal wäre die Einrichtung eines Ministeriums für Digitalisierung.
zu 3) Stau, Lärm, Emissionen und Engpässe in den Innenstädten betreffen Wirtschaft und Gesellschaft – und unsere Umwelt. Es gibt viele gute Einzellösungen, aber keine gemeinsame Roadmap, die ganzheitliche Lösungen anstrebt und die Anliegen aller Stakeholder berücksichtigt. Selbst Modellversuche der Wirtschaft zur Verbesserung der Abläufe stecken in monatelangen Genehmigungsschleifen von Behörden fest.
Machen Sie die urbane Logistik zum Top-Thema und setzen Sie Zeichen für die konstruktive Zusammenarbeit von Politik, Verwaltungen, Stadtplanern, Wirtschaft, öffentlichem Personennahverkehr und den Bürgern. Die Experten im Wirtschaftsbereich Logistik bieten ihre Unterstützung an!
zu 4) Branchenübergreifend gaben in einer Umfrage der BVL 82 Prozent der Teilnehmer an, dass der Fachkräftemangel in der Logistik in den nächsten zehn Jahren negative Auswirkungen auf den Erfolg der Unternehmen haben wird. Wir sehen in der Digitalisierung von Prozessen einen Weg, dem Fachkräftemangel durch höhere Effizienz zu begegnen. Für eine neue, digitalisierte Arbeitswelt müssen aber auch Mitarbeiter und Nachwuchskräfte fit gemacht werden. Das kann nur durch eine Anpassung der Lehrpläne und Lehrmethoden in allen Schulzweigen funktionieren.
Entrümpeln Sie gemeinsam mit den Verantwortlichen in den Ländern die Curricula von überholten Inhalten – und machen Sie in der Schul- und Bildungspolitik den Weg frei für eine international wettbewerbsfähige Bildung.
zu 5) Planungsverfahren mit einer Laufzeit von 20 Jahren und mehr behindern die infrastrukturelle Entwicklung in Deutschland. Darauf hat auch Bundeskanzlerin Merkel im Juli 2017 öffentlich hingewiesen. Das Geld für Investitionen ist vorhanden – aber die Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse werden heutigen Anforderungen vielfach nicht gerecht. Insbesondere bei großen Infrastrukturprojekten erweist sich die föderale Struktur als Bremse.
Schaffen Sie, zumindest für Großprojekte, die Ländergrenzen überschreiten, zentrale Entscheidungsstrukturen. Nur so können Fehlentscheidungen und zeitliche Verzögerungen vermieden werden, die häufig mit der Durchsetzung von Partikularinteressen verbunden sind.
Die persönlichen Mitglieder der BVL sowie viele ihrer Mitgliedsunternehmen und Partner stehen der Politik gern für Gespräche und die gemeinsame Entwicklung von Konzepten zur Verfügung. Die Logistik arbeitet professionell mit Verfahren zur Bedarfsermittlung oder zur Kapazitätsplanung – diese können auf Infrastruktur- und Bildungsprojekte übertragen werden. Nutzen Sie diese Ressourcen für zukunftsorientierte und weitsichtige politische Entscheidungen.
Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner |
Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer |
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Frank Wiemer |
Joachim Limberg |
Frank Dreeke |
Dr. Karl A. May |
Josip T. Tomasevic |
Dr. Karl Nowak |
Frauke Heistermann |
Karl Gernandt |
Dr. Torsten Mallée |
Prof. Dr. Michael ten Hompel |
Peter Gerber |
Dr.-Ing. Stefan Wolff |
Christian Berner |
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