Geschäftserwartungen bei Industrie und Handel erstmals wieder besser als die aktuelle Lage
Kommentar zum Logistik-Indikator für das 2. Quartal 2024 von Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL
Seit Anfang 2023 kannte der Logistik-Indikator nur eine Richtung. In jedem Quartal ging es weiter nach unten und sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen im Wirtschaftsbereich Logistik verschlechterten sich fortlaufend. Die Zahlen für das zweite Quartal 2024 zeigen nun endlich wieder ein positiveres Bild: Zwar liegen alle Indikatoren immer noch klar unter 90 und damit im negativen Bereich, doch haben sich Lage, Geschäftsklima und die Erwartungen gleichermaßen und signifikant verbessert.
Wie immer ist der Blick auf die Teilindikatoren für Industrie und Handel sowie Logistik-Dienstleister besonders spannend. Alle drei Einzelindikatoren für Lage, Klima und Erwartungen steigen sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfragerseite des Wirtschaftsbereichs. Während sie aber bei den Dienstleistern gleichmäßig steigen, überholen die Geschäftserwartungen bei Industrie und Handel die anderen Einzelindikatoren und sind erstmals seit Jahren besser als die aktuelle Geschäftslage. Dass die Erwartungen positiver eingeschätzt werden, untermauert die Trendwende. Sofern nicht – wie zu Beginn der Corona-Pandemie, als viele mit einer deutlich schnelleren Erholung rechneten – tatsächlich etwas anderes eintritt.
Doch jetzt gibt es positive Meldungen aus diversen Branchen, die in der Tat auf eine Erholung hindeuten: Das deutsche Wirtschaftswachstum im ersten Quartal war wieder leicht positiv und auch auf der Beiratssitzung der BVL am vergangenen Donnerstag gab es einige sehr optimistische Stimmen. Man erwartete einen deutlichen Anzug der Konjunktur im zweiten Halbjahr und fülle gerade die Lager auf, um dann ganz vorn mit dabei sein zu können. Wenn sich die gestiegenen Erwartungen der Verlader erfüllen, wird traditionell das Geschäft der Dienstleister nachziehen.
Das Baugewerbe, das Verarbeitende Gewerbe, der Handel und einige Dienstleistungsbereiche konnten ihre Wertschöpfung geringfügig ausweiten. Einem stärkeren Anstieg steht allerdings die schlechte Auftragslage der Unternehmen sowie eine zu geringe Nachfrage nach ihren Gütern entgegen, ermittelte das ifo Institut. Der private Konsum und die Unternehmensinvestitionen seien zu Jahresbeginn entsprechend zurückgegangen. Aber die Auslandsnachfrage, die Wohnbauinvestitionen und die staatlichen Investitionen waren aufwärtsgerichtet. Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten immer noch spürbar unterausgelastet sind, und im ersten Quartal 2024 der Rückgang bei den privaten Konsumausgaben überrascht hat: Jetzt scheinen die Weichen für eine Erholung des Wirtschaftsbereichs gestellt zu sein. Gab es da nicht einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftsentwicklung und Psychologie?